
The Russian Doctors „Halbgötter in Punk“: Pratajev in Hack
Hier kommt die Heilung: The Russian Doctors erweitern auf ihrem neuen Album die Rezeptur aus Wanderklampfe, Wodka und Gesang um eine ordentliche Ladung Strom und Drums. Auf „Halbgötter in Punk“ hat sich das Doktoren-Duo mit einem Trommler verstärkt und spielt elektrische Gitarren. Geblieben sind die irrwitzigen Texte, die mitunter große Geschichten erzählen.
Natürlich sind es wieder die Werke des verkannten russischen Dichters Pratajev, denen die Russian Doctors per Vertonung neues Leben einhauchen. Denn Pratajevs Lebenswerk in die Welt hinauszusingen ist Aufgabe und Ziel zugleich. Ins Deutsche übertragen und mit flotten Rhythmen versehen, liefern die Texte über durchs Dorf jagende Biber, Schnapsherstellung aus Waldkräutern oder über die Zubereitung eines Hermelins einen wunderbaren Einblick in die dörfliche Kultur der Sowjetunion in der Mitte des 20. Jahrhunderts.
The Russian Doctors ändern Behandlungsmethode
Den folklorigen Liedermachercharakter ihrer früheren Werk haben The Russian Doctors auf ihrer mittlerweile schon achten Veröffentlichung zugunsten eines Stilwechsel aufgegeben. Wie der Titel bereits verrät, geht es auf „Halbgötter in Punk“ eher punkig zur Sache. Inhaltlich erfährt man, dass der Tod stanzend tanzt. Außerdem zelebrieren die Doktoren eine Hommage an das Hackfleisch und beweisen damit ganz nebenbei, dass sie nicht nur Pratajev sondern auch Rammstein studiert haben.
Zum Ende des neuen Albums wird dann aber abrupt ins Schlagerfach gewechselt, um in der Trilogie „Auf den Kanapee ein Girl“ das Balzverhalten von Frauen unter die Lupe zu nehmen. Doch wie sie oft, wenn die holde Weiblichkeit Gegenstand der Pratajevschen Texte ist, geschieht dies nicht plump, sondern mit der gebotenen Achtung vor dem schönen Geschlecht.
Guter Schluck statt bittere Pille
Wer auf Wodka, Weib und Gesang steht, sollte hier in die Praxis gehen. Die Lieder des Doktoren-Duos feiern das Leben, die Liebe, das Trinken, das Essen – kurzum: den Genuss. Zu finden sind sie daher auch eher im Wirtshaus, als im Hospital. Einer ihrer Wahlsprüche lautet: „Jeder Schluck, ist ein guter Schluck“. Bittere Pillen muss hier dagegen niemand schlucken. Und wer diesem Rezept nicht traut, überzeugt sich wegen möglicher Risiken und Nebenwirkungen am besten direkt bei The Russian Doctors.
Das Album ist am 24.11.2017 erschienen und bei Upsound erhältlich.
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