Killing Joke

Killing Joke „The Singles Collection“

Es ist an der Zeit eine Band zu feiern, die ihresgleichen auf diesem Planeten sucht. Die dutzende andere Bands und Musiker inspiriert. Die mit ihren Songs und Texten klare Standpunkte vertritt. Und die sich auch in ihrem 35. Jahr allen Konventionen widersetzt. Die Rede ist von Killing Joke, die mit „The Singles Collection 1979 – 2012“ eine herausragende Werkschau veröffentlichen.

Exzentrisch, apokalyptisch und spiritistisch – sucht man nach passenden Attributen für die 1979 gegründete Band, drängen sich diese drei förmlich auf. So floh Sänger Jaz Coleman 1982 aus Angst vor einem angeblich bevorstehenden Weltuntergang nach Island. Und 1994 nahmen die Musiker den Gesang zu ihrem Song „Exorcism“ illegal in der großen Grabkammer der Cheopspyramide auf. Insgesamt 14 Studioalben zeugen von Wahnsinn und Genie einer ungeheuer kreativen Gruppe, die sich zwischenzeitlich immer mal wieder trennte oder in wechselnden Besetzungen spielte.

Punk, Wave und Metal

Gegründet von Jaz Coleman (Gesang), Paul Ferguson (Drums), Kevin Walker (Gitarre) und Martin Glover (Bass) standen Killing Joke von Anfang an für dunkle und treibende Songs mit düsteren Texten. In ihnen fanden sich Einflüsse aus Punk und Ska, später aus Wave und Metal – ja selbst Disco- und Funk-Elemente gab es. Immer aber gipfelte der Killing-Joke-Sound in einer atmosphärischen, ja beinahe beschwörenden Spannung. Getragen von hypnotischen Trommeln, groovendem Bass und der markanten Stimme Colemans, der viele seiner Texte mehr ins Mikro bellt, als singt.

Mit den Liedern „Requiem“ und „Wardance“ schufen die Musiker bereits 1980 zwei Klassiker für die Ewigkeit. Der Song „Eighties“ (1984) avancierte zum Soundtrack des ganzen Jahrzehnts und mit „Love Like Blood“ (1985) markierte die Band ihren kommerziellen Höhepunkt. In den Neunzigern gaben sie mit den Alben „Pandemonium“ (1994) und „Democracy“ (1996) den Ton an. Inhaltlich rückten immer mehr gesellschaftskritische Themen in den Fokus.

Klassik und Trance

Daneben widmeten sich die Musiker anderen Projekten. Jaz Coleman studierte, unter anderem in Leipzig, klassische Musik. Zusammen mit Anne Dudley von The Art of Noise veröffentlichte er orientalische Musik. Außerdem arbeitete der Wahlneuseeländer Coleman mit Nigel Kennedy und Sarah Brightman zusammen. Er war Komponist und Dirigent des neuseeländischen Symphonieorchesters und spielte darüber hinaus mit den Symphonikern aus Prag und London. Bassist Martin Glover betreibt das Goa-Trance-Label „Dragonfly“, auf dem auch Remix-Alben von Killing Joke veröffentlicht wurden. Zudem arbeitete er unter seinem Spitznamen „Youth“ als Produzent und Remixer für so illustre Namen wie Marilyn Manson, Tom Jones, Bananarama, U2, und Paul McCartney.

Kein Wunder also, dass sich die Liste der Künstler, die Killing Joke als Einfluss nennen, wie das who’s who der internationalen Musikszene liest: Pearl Jam, Faith No More, Nine Inch Nails, Ministry, Metallica, Soundgarden, Foo Fighters und selbst Kate Bush. Der Sound von Rammstein wäre ohne das Vorbild Killing Joke sicher ein anderer. Und Nirvana guckten sich beim Killing-Joke-Song „Eighties“ das Intro ab, um es in leicht abgewandelter Form für ihren Hit „Come As You Are“ zu verwenden. Ex-Nirvana-Drummer und Killing-Joke-Fan Dave Grohl spielte dann auf dem 2003er Album der Briten, schlicht „Killing Joke“ betitelt, Schlagzeug.

Die Singles von Killing Joke: 33 mal Wahnsinn auf zwei CDs

Seit 2008 spielen Killing Joke wieder in der Urbesetzung. Auslöser dieser Rückbesinnung war der Tod des langjährigen Killing-Joke-Bassisten Paul Raven, der 2007 im Alter von 46 Jahren nach einem Herzinfarkt verstorben war und dem die Band mit dem Song „Raven King“ ein musikalisches Denkmal setzte. Und mit „Absolut Dissent“ und „MMXII“ brachten sie 2010 und 2012 zwei ihrer besten Alben heraus. Auch im neuen Jahrtausend haben die inzwischen über 50 Jahre alten Musiker nichts von ihrer Energie verloren.

Mit ihrer „The Singles Collection“ lässt diese außergewöhnliche Band nun ihr bisheriges Schaffen noch einmal Revue passieren. In chronologischer Reihenfolge kann man die spannende Entwicklung Killing Jokes vom Post Punk über Wave bis hin zum Metal mit Industrial-Einflüssen verfolgen. Die insgesamt 33 Tracks kommen auf einer Doppel-CD daher. Viel interessanter aber ist die limitierte Variante mit drei CDs, deren Bonusscheibe einiges an Raritäten zu bieten hat.

VÖ: 03.05.2013 (Spinefarm / Universal)

Dieser Artikel ist zuerst 2013 bei t-online.de erschienen.

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Autor: Lars Schmidt

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