Qntal

QNTAL: „Wir haben den Anspruch uns stets neu zu erfinden“

Der Name Qntal bürgt seit über zehn Jahren für beste Qualität, wenn es um die moderne Interpretation mittelalterlicher Musik geht. Mit „Ozymandias“ legt das Trio nun Album Nummer vier vor und setzt erneut Maßstäbe in diesem Genre. Entsprechend selbstbewusst gibt sich Multiinstrumentalist Michael Popp im Interview.
Nord bei Nordost: „Euer letztes Album war sehr erfolgreich. Setzt man sich da unter Druck, den Nachfolger mindestens ebenbürtig zu machen?“
Michael Popp: „Das stimmt. Aber Druck hatten wir keinen. Wir haben uns richtig auf die Produktion gefreut und lustvoll an der Platte gearbeitet. Alles ging uns leicht von der Hand und machte Spaß. Und bei aller Bescheidenheit: Wir waren uns ziemlich sicher, dass dies ein gutes Album wird.“

Nord bei Nordost: „Wie habt ihr damals selbst den Erfolg von „Qntal III“ erlebt?“

Michael: „Früher haben wir Qntal ohne große Erwartungen an uns selber gemacht. Die ersten beiden CDs waren reine Liebhaberprojekte. Als 1992 unser erstes Album erschien, war die ganze Mittelalterwelle ja nur eine raue See und noch kein Tsunami. Als „Qntal III“ acht Jahre nach „Qntal II“ erschien, haben wir uns erstmals in einen Markt begeben, der in der Zwischenzeit entstanden war. Und wir hatten schon eine gewisse Erfolgserwartung, die auch bestätigt wurde. Jedenfalls motivierte uns der Erfolg, diesen Weg weiterzugehen. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass der Erfolg mit „Qntal IV“ noch größer wird, weil wir jetzt auch aus dem Ausland sehr positive Reaktionen erhalten.“

Nord bei Nordost: „Aus welchen Ländern bekommt ihr positives Feedback?“

Michael: „Aus Frankreich und den Beneluxländern, aus Südamerika und den USA. Da sind wir im Independentbereich sehr präsent. Ende 2005 ist eine kleine Tour durch die USA und Südamerika geplant. Die Akzeptanz dort ist sehr groß.“

Nord bei Nordost: „Woher kommt das?“

Michael: „Den Leuten gefällt die Sprache. Die können mit den romanischen Sprachen, mit altspanisch oder altportugiesisch mehr anfangen.“

Nord bei Nordost: „In den USA habt ihr schon mal gespielt. Wie waren die Reaktionen dort?“

Michael: „Wir haben in Philadelphia auf einer landesweit bekannten Gothic-Veranstaltung vor ungefähr 800 Leuten gespielt. Ein Drittel davon kannten unsere Songs. Insgesamt war die Reaktion fast besser als hier, denn die Neugier dort ist größer und wir waren für die etwas Exotisches. Aber die Szene dort ist sowieso ganz anders als hier. Da kaum ausländische Gothic-Bands in den USA spielen, sind solche Konzerte immer etwas ganz besonderes.“

Nord bei Nordost: „Euer neues Album heißt „Qntal IV – Ozymandias“. Was bedeutet der Name, wo kommt er her, worum geht es auf der CD?“

Michael: „Es gibt ein Gedicht namens Ozymandias von dem Engländer Percy Bysshe Shelley. Darin beschreibt er sich als Reisenden im Ägypten des frühen 19. Jahrhunderts. In der Wüste sieht er eine riesige Statue von Ramses V., die umgestürzt ist und von der nur noch die Füße aus dem Sand ragen. Vor dieser Staue meditiert er über den Verfall dieser Großartigkeit und denkt darüber nach, dass dieses riesige Standbild einfach so verfällt. Für ihn ist das ein Symbol für die Vergänglichkeit von Macht und Glorie. Und diese Statue nennt er Ozymandias.“

Nord bei Nordost: „Woher stammen dann diesmal die Songs und Texte? Aus mittelalterlichen Liedsammlungen oder aus eurer eigenen Feder?“

Michael: „Das ist der wirklich entscheidende Unterschied zwischen „Qntal III“ und „IV“. „Qntal III“ war ein strenges Konzeptalbum. Bei „Qntal IV“ steht Ozymandias nur für das Motto der Platte. Inhaltlich spielt der Titel keine Rolle, sieht man von den zwei Titelsongs einmal ab. Alle anderen Songs sind ein gemischtes Sammelsurium. Neu ist, dass wir ein Renaissance- und ein Barock-Stück im Repertoire haben. So etwas wollte die Syrah schon immer machen, aber ich hatte mich bisher dagegen gesträubt. Doch die Lieder passen gut zum Gesamteindruck und vielleicht spielen wir jetzt öfter Songs aus anderen Epochen. Wir haben ja den Anspruch uns stets neu zu erfinden und den Mittelalter-Gassenhauer macht ja jetzt schon Hinz und Kunz. Also gehen wir mal wieder einen Schritt voraus und warten bis die anderen nachziehen.“

Nord bei Nordost: „Zwei Texte klingen sehr bekannt: In „Cupido“ gibt es die Zeile „Stetit Puella“ und in „Flamma“ „Totus Florio“…“

Michael: „Beides „Carmina Burana“. Ich glaub der Orff hat auch beide bearbeitet.“

Nord bei Nordost: „Ist es so, dass wenn man sich aus dem Fundus der „Carmina Burana“ bedient, man an einigen Stücken nicht vorbeikommt?“

Michael: „Ja. Das ist so. Aber zum Glück komponiert das dann jeder anders. Der Text ist aber klassische „Carmina Burana“. Ich habe auch kein Problem damit, wenn es mehrere Interpretationen eines Textes gibt.“

Nord bei Nordost: „Euer neues Album wirkt schneller und rhythmischer. Ward ihr in Tanzlaune?“

Michael: „Bei „Qntal III“ haben wir versucht Extreme zu vermeiden und sehr ausgewogene Songs zu produzieren. Diesmal haben wir frei nach Schnauze gearbeitet. Einzige Vorgabe: Das Ausdrucksvolumen auseinander ziehen. Wenn schnelle Stücke, dann wirklich schnell. Wenn’s ein Kracher sein soll, dann wirklich einen Kracher komponieren. Und wenn’s ein ruhiges Stück sein soll, dann wirklich ein ruhiges und langsames.“

Nord bei Nordost: „Wie umfangreich war das Instrumentarium, das du eingesetzt hast?“

Michael: „Eigentlich so wie immer. Zu jedem Stück wird mindestens ein mittelalterliches oder akustisches Instrument eingesetzt. Ich probiere da einiges aus und habe meinen ganzen Instrumentenpark ausgereizt. Hörbar sind auf jeden Fall Ud, italienische Klarinette, Flöten, Fideln, Drehleier und Horn – zum Teil sind die Instrumente aber so verfremdet, dass sie gar nicht mehr als solche zu erkennen sind.“

Nord bei Nordost: „Du bist vor zwei Jahren Vater geworden. Wie hat sich dein Leben seitdem verändert? Wie verbindest du Musik und Privates?“

Michael: „Das Leben hat sich natürlich verändert. Was das Ausgehen und andere Abendaktivitäten angeht, trete ich schon sehr zurück. Bei der Arbeit muss ich keine Abstriche machen. Ich arbeite sehr intensiv. Tagsüber, aber auch oft nachts. Leider ist mein Studio nicht im selben Haus wie meine Wohnung, aber vielleicht lässt sich das noch ändern.“

Nord bei Nordost: „Und deine Tochter singt schon Qntal-Songs?“

Michael: „Ja, sie kann schon ein bisschen singen. Zwar meistens falsch, aber für zwei Jahre – immerhin. Gerade Lieder von Estampie (dem anderen Mittelaltermusikprojekt von Michael Popp, Anm. d. Red.) mögen Kinder sehr gern. Das hat uns schon manches Engagement gebracht. Uns haben mehrere Veranstalter gesagt, dass ihre Kinder die Musik toll finden und sie uns deshalb engagiert haben.“

Nord bei Nordost: „Plant ihr eine Tour?“

Michael: „Ja. Aber erst im Herbst 2005. Davor spielen wir ein paar Festivals, WGT, Zillo, Meraluna. Und dann stehen unsere Amerikakonzerte an. Konkreteres kann ich aber noch nicht sagen.“

Nord bei Nordost: „Ich bedanke mich für das Gespräch.“

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